"Und läuft und läuft und läuft ....."

Das war der berühmte Werbeslogan für ein Auto, das während des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit und darüber hinaus das deutsche Straßenbild prägte: der VW Käfer mit seiner unverkennbaren Form. 1934 schrieb die Naziregierung ein Auto aus, das erschwinglich sein sollte und sich jeder leisten konnte. Das Modell, das Ferdinand Porsche 1935 vorstellte, erhielt den Zuschlag für den KdF-Wagen (Kraft durch Freude), aus dem später der VW-Käfer wurde. Die Produktion begann 1938 in Wolfsburg und endete erst im Jahr 2003 in Mexiko.

Da sich Deutschland im Aufbruch befand, war auch eine Nachfrage nach soliden Transportern vorhanden. Ab 1950 fertigte VW in Hannover mit derselben Technologie die Transporter-Reihe, die unter dem Namen "Bulli" als VW-Bus einen hohen Bekanntheitsgrad erreichte.

Die Fahrzeuge unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den Modellen anderer Hersteller. Während die meisten Autos damals mit langen Motorhauben und wassergekühlten Reihenmotoren ausgestattet waren, hatte VW einen luftgekühlten Boxermotor im Heck des Fahrzeugs eingebaut. Die Luftkühlung war bereits in anderen Bereichen erfolgreich angewendet worden, wie beispielsweise bei Flugzeugmotoren.

Das hier ausgestellte Exemplar wurde bei Volkswagen in Hannover hergestellt und war für die Transporter T2 und teils T3 vorgesehen. Es verfügt über einen Hubraum von 1.493 ccm und leistet 32,2 kW (44 PS) bei einem Drehmoment von 102 Nm bei 2.000 U/min. Der Motor ist mit einem Ölbadluftfilter ausgestattet, was damals der Standard war. Der Schmutz bleibt im Öl haften, und relativ saubere Luft wird vom Vergaser angesaugt. Bei Feinstaub werden bis zu 95 % absorbiert, bei normaler Beanspruchung fast alles. Im Gegensatz zu Trockenluftfiltern, braucht dieser Filter nicht erneuert zu werden, dafür ist es aber erforderlich, das Öl im Filter alle 5.000 km zu wechseln. Es ist das gleiche Öl, das im Motor für ausreichende Schmierung sorgt und die gleichen Wechselintervalle hat.

Beim Ölwechsel wurde das Öl unter dem Motor abgelassen, indem man die Schrauben des Ölsiebes entfernte. Dieses Sieb musste gereinigt, besser erneuert werden. Bei den Motoren der damaligen Zeit war der metallische Abrieb höher wie bei heutigen Antriebsaggregaten. Gleichzeitig mit dem Ölwechsel wurde der Zündzeitpunkt überprüft und gegebenenfalls neu eingestellt. Dazu reichte ein einfacher Durchgangsprüfer. Diese Arbeiten wurden früher an der Tankstelle erledigt, zu Zeiten, wo man dort sein Auto betankt bekam.

Ein solcher Motor hatte eine Lebenserwartung von bis zu 200.000 km, wenn er moderat gefahren und regelmäßig gewartet wurde. In der Regel war bei 150.000 km das Ende erreicht. Zu diesem Zeitpunkt traten oft Schäden am Zylinderkopf auf, meistens war es das Auslassventil, das Probleme bereitete. Die Laufbuchsen in den Zylindern wiesen durch Abrieb hohe Toleranzen auf, was zu einer merklich schwächerer Kompression und Leistung führte. Wenn dazu noch weißer Rauch aus dem Auspuff kam und es nach verbranntem Öl roch, waren dies Anzeichen für verschlissene Ventilsitze oder Ölabstreifringe, und der Motor musste ausgetauscht werden.

Diese verschlissenen Motoren wurden nicht verschrottet, sondern aufgearbeitet. Das heißt, alle verschlissenen Teile wurden überarbeitet oder durch neue ersetzt. Dazu wurde der Motor nach Baunatal geschickt, wo diese Arbeiten ausgeführt wurden. Die Baureihe des ausgestellten Exponats wurde von 1968 – 1998 in Baunatal aufbereitet und über das Händlernetz als Austauschmotor wieder in den Umlauf gebracht. Ein Austauschmotor ist günstiger als ein neuer Motor und spart dabei Ressourcen, da der Motorblock und andere Bauteile nicht neu hergestellt werden müssen.

Ich selbst kenne die Motoren aus zwei Käfern, die ich vor vielen Jahren fuhr. Die Leistung bezeichne ich heute noch als nicht ganz ausreichend. Die Höchstgeschwindigkeit war mit 115 km/h angegeben, doch der Tacho zeigte viel mehr. Diese Anzeige war höchst ungenau, da sie noch mechanisch funktionierte.

Bis 1953 hatten die 1.131 ccm großen Motoren eine Leistung von 18 kW (24,5 PS), ab 1954 1.192 ccm mit 22 kW (30 PS) und ab 1960 bei gleichem Hubraum 25 kW (34 PS) bei den Personenwagen. Der ausgestellte Motor mit 32 kW (44 PS) wurde von 1965 – 1967 im Transporter T1 und von 1967 – 1970 im Käfer 1300 verbaut.

Ich selbst hatte je einen Käfer mit 30 PS und einen mit 34 PS. Der 34-PS-Käfer hatte außer einem stärkeren Motor, auch  einen größeren Kofferraum und hydraulische Bremsen erhalten. Die Zeiten der Seilzugbremse waren damit vorbei. Diese Fortschritte waren bedeutend, nachdem 1959 die Winker in den Seitenholmen durch Blinkleuchten ersetzt worden waren. Der Leistungsunterschied war nicht gewaltig, nur der Verbrauch. Die 34-PS-Variante kam auf bis zu 13 Litern pro 100 km, was auf die neu eingeführte Startautomatik zurückgeführt wurde.

Der 4-Zylinder-Boxer-Motor, egal welche Baureihe, war pflegeleicht und robust. Sein Vorteil lag in der Laufruhe, da man an der Kurbelwelle keine Ausgleichsgewichte benötigte. Die Unwuchten beim Drehen der Kurbelwelle hoben sich durch die gegenläufigen Kolben auf. Auch brauchte man sich nicht um das Kühlwasser zu kümmern, denn das gibt es bei einem luftgekühlten Motor nicht. Sehr nachteilig für die Verkehrssicherheit war die 6-Volt-Anlage. Die Leistung der abgeblendeten Scheinwerfer ähnelte einem heutigen Standlicht. Die dazugehörige Batterie war unter der Rücksitzbank, beim Transporter im Motorenraum, eingebaut, musste regelmäßig kontrolliert und mit destilliertem Wasser aufgefüllt werden. Auch da kümmerte sich der Tankwart drum.

Andere Probleme, die es zu dieser Zeit gab, trafen auch andere Hersteller, zum Beispiel gerissene Keilriemen. Hersteller wie Fröhlich und Wolff in Hess. Lichtenau verwendeten Baumwollfasern in den Gummiriemen, reißfestere Materialien gab es noch nicht. Ein weiteres Problem war die Zündanlage, deren Kontakte starkem Verschleiß ausgesetzt waren. Auch machte Feuchtigkeit der Zündanlage hin und wieder zu schaffen. Probleme, die einem heutzutage völlig fremd sind.

Wenn ein Transporter-Motor überdreht wurde, was zu einem schweren Motorschaden führte, lag es oft daran, dass der Fahrer in dem Verteilerfinger den Drehzahlbegrenzer entfernt hatte. Dies war lediglich eine Feder mit einem kleinen Gewicht, das bei einer bestimmten Drehzahl den Zündstrom unterbrach. Profis, die täglich mit dem Auto unterwegs waren, hatten oft einen eigenen, selbst modifizierten Verteilerfinger ohne Drehzahlbegrenzer, den sie vor und nach der Fahrt tauschten. Dazu wurde keine Werkzeug benötigt.

Ab den 50-iger Jahren zog es die Deutschen im Urlaub nach Italien und das im eigenen Auto. Am Brenner zeigte sich dann der Vorteil der Luftkühlung. Die VW-Modelle schafften diese steilen Pässe, abgesehen von der Geschwindigkeit, ohne Probleme. Wogegen die wassergekühlten Fahrzeuge Hitzeprobleme bekamen und oft mit kochendem Motor strandeten. Im Sommer war es die Hitze, im Winter die Kälte, mit der wassergekühlte Motoren zu kämpfen hatten. Ein luftgekühlter Motor hat kein Kühlwasser, das Einfrieren kann. Eine Gebläse-Kühlung funktioniert besonders gut, wenn die Motordrehzahl hoch ist, da der Kühlventilator über die Kurbelwelle angetrieben wird. Kritisch wurde es, wenn man zum Beispiel auf der Autobahn mit heißem Motor in einen Stau geriet, dann reichte bei niedriger Drehzahl die Kühlleistung manchmal nicht aus. Der dritte Zylinder war der, der zuerst dran glauben musste, da er im Luftschatten des Ölkühlers verbaut war.

Der Ölkühler leistete gute Arbeit, jedoch sollte man, und das noch heute, nicht weiterfahren, wenn die Ölkontrolllampe brennt. Dies ist ein Zeichen dafür, das keine ausreichende Motorschmierung vorhanden ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, in den VW-Motor konnte man jedes Öl kippen, egal welche Viskosität VW vorschrieb. Als Auszubildender hatte ich nicht viel Geld, und der Ölverbrauch meines Käfers von 1960 war relativ hoch, war halt nicht mehr der Neueste. In meinem Lehrbetrieb gab es eine große Baumaschinenwerkstatt, die täglich größere Mengen Öl verbrauchte. Ich habe die leeren Kannen restentleert, die Öle gesammelt und bei Bedarf in den Motor gefüllt. Egal ob Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköl. Der Motor lief und lief und .....

Ein weiteres markantes Merkmal waren die zwei Auspuffrohre, zu denen der Volksmund sagte, dass man daran eine Mistkarre erkennen kann, denn die hat auch zwei Griffe. Der Auspuff, eigentlich war der richtige Fachbegriff Schalldämpfer, heute Abgasanlange, war auch das Herz der Fahrzeugheizung. Die heißen, ausgestoßenen Abgase wurden an einem Wärmetauscher, bezeichnet als Heizbirne, vorbeigeleitet. Wollte man den Innenraum heizen, so musste man anfangs an einer Stellschraube drehen, später einen Hebel betätigen, der über einen Zug mit der Heizbirne verbunden war. Hieran befand sich eine Klappe, die geöffnet oder geschlossen werden konnte, um die erwärmte Luft zwangsgesteuert in den Innenraum zu leiten. Ein Gebläse, um die Scheiben freizubekommen, gab es nicht. Da hieß es improvisieren und Geduld mitbringen.
Die 44-PS-Motoren waren im Käfer und Transporter mit dem gleichen Getriebe ausgestattet. Es handelte sich dabei um das nebenseitig abgebildete synchronisierte 4-Gang- Mittelschaltgetriebe, mit einer H-Schaltung. Das Getriebe wurde in Baunatal von 1966 – 1972 produziert und von 1968 – 1997 dort instandgesetzt.

VW-Käfer und -Bulli waren nicht nur auf deutschen Straßen präsent, sondern eroberten auch die Herzen der Menschen im Ausland. Die luftgekühlte Bauweise machte sie besonders geeignet für Fahrten über steile Pässe oder durch trockene, heiße Landstriche. Auch in puncto Wartung und Betrieb hatte der luftgekühlte Motor seine Vorteile, wenngleich er auch einige Herausforderungen mit sich brachte.

Die Zeiten änderten sich jedoch, und mit dem Aufkommen modernerer Motorentechnologien verlor der luftgekühlte VW-Boxermotor allmählich an Bedeutung. 1992 verließ der letzte VW-Boxermotor in Deutschland das Werk. In Mexiko wurde er bis 2014 hergestellt und fand noch Anwendung in Trikes.

Heute ist der luftgekühlte VW-Motor ein begehrtes Objekt für Fans und Liebhaber klassischer Automobile. Sein unverwechselbares Motorengeräusch hallt jedoch immer seltener durch die Straßen.
   

Text: Jochen Spier, TMK

(last update: 30.04.2024) 

Hier finden Sie eine verlinkte Auflistung unserer seit Oktober 2020 vorgestellten Objekte des Monats.

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Quellen:

Internet:

  • Wikipedia Volkswagen AG, aufgerufen 17.03.2024
  • Wikipedia Werk Baunatal, käferwissen.de, aufgerufen 17.03.2024
  • Volkswagen-group.com/de/volkswagen-chronik-17351, aufgerufen 12.03.2024

Bücher:  Motorbuchverlag Stuttgart, Werner Oswald

  • Deutsche Autos von 1920 - 1945
  • Deutsche Autos von 1945 - 1975
  • Lieferwagen, Transporter und Kleinbusse 1945 - 1980

Aufzeichnungen von Manfred Vogel, TMK

Eigene Erfahrungen

Fotos:  Jochen Spier, freigestellt mit PhotoRoom

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